Der Vorwurf der Fundunterschlagung mag auf den ersten Blick als geringfügig erscheinen – schließlich geht es häufig um Gegenstände, die unbeaufsichtigt oder vergessen zurückgelassen wurden. Doch die strafrechtlichen Konsequenzen können durchaus ernsthaft sein. Nicht selten geraten unbescholtene Bürgerinnen und Bürger ins Visier eines Ermittlungsverfahrens, weil sie einen gefundenen Gegenstand behalten oder nicht ordnungsgemäß gemeldet haben. Die Grenzen zwischen ehrlichem Finder und strafrechtlich relevanter Aneignung sind dabei nicht immer klar gezogen.
Gesetzliche Grundlage: § 246 StGB in Verbindung mit § 965 BGB ff.
Die Fundunterschlagung ist ein Unterfall der Unterschlagung gemäß § 246 StGB. Sie liegt vor, wenn jemand eine fremde, bewegliche Sache findet und sich diese mit dem Vorsatz aneignet, sie nicht dem rechtmäßigen Eigentümer oder der zuständigen Fundbehörde zu melden. Die Rechtsgrundlage für das Verhalten bei einem Fund ergibt sich ergänzend aus den Vorschriften der §§ 965 ff. BGB. Danach ist ein Finder verpflichtet, den Fund unverzüglich anzuzeigen und die Sache bei der zuständigen Behörde oder dem Eigentümer abzugeben.
Was ist ein Fund im juristischen Sinn?
Ein „Fund“ liegt vor, wenn eine herrenlose oder verlorene bewegliche Sache entdeckt wird, die nicht dem Finder gehört. Entscheidend ist, dass der Eigentümer die Sache nicht aufgegeben, sondern nur verloren hat. Klassische Beispiele sind ein vergessenes Portemonnaie auf einer Parkbank, ein Mobiltelefon im Taxi oder eine liegengebliebene Tasche im öffentlichen Nahverkehr.
Praktische Beispiele für Fundunterschlagung
1. Bargeld im Geldautomaten
Immer wieder kommt es vor, dass Bankkunden Bargeld in einem Automaten liegenlassen. Wenn der nächste Nutzer das Geld sieht, an sich nimmt und nicht meldet, liegt objektiv der Anfangsverdacht einer Fundunterschlagung vor. Die Banken protokollieren die Transaktionen, und Überwachungskameras können zur Identifikation beitragen.
2. Gefundene Handtasche im Park
Wird eine Handtasche mit Inhalt (z. B. Bargeld, Ausweis, Karten) gefunden und behalten, ohne Meldung bei der Polizei oder dem Fundbüro, ist dies ein typischer Fall von Fundunterschlagung.
3. Elektronikartikel im Taxi oder in der Bahn
Immer häufiger werden Ermittlungsverfahren eingeleitet, wenn etwa verlorene Kopfhörer, Handys oder Laptops in öffentlichen Verkehrsmitteln gefunden und nicht gemeldet werden. Verkehrsbetriebe kooperieren mit den Strafverfolgungsbehörden, um Eigentumsansprüche zu klären.
4. Fund von Schmuck oder Geld auf privatem Grund
Auch wenn etwas auf einem Supermarktparkplatz oder in einem Restaurant gefunden wird, greift die gesetzliche Fundregelung. Wer sich den Gegenstand aneignet und keine Meldung macht, riskiert ein Strafverfahren.
Mögliche strafrechtliche Folgen
Die Fundunterschlagung wird als Unterschlagung gemäß § 246 StGB geahndet. Die Strafandrohung reicht bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Die konkrete Sanktion hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere vom Wert der Sache und von der Vorstrafenfreiheit des Beschuldigten, ab.
Gerade bei Ersttätern ist eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO (Geringfügigkeit) oder § 153a StPO (gegen Auflage) möglich. Doch dazu muss die Verteidigung frühzeitig aktiv werden.
Verteidigungsstrategien
1. Kein Vorsatz
Ein zentraler Punkt der Verteidigung ist der Nachweis, dass keine Aneignungsabsicht bestand. Wenn der Finder glaubhaft erklären kann, dass er die Sache aufbewahren wollte, um sie später zu melden oder dem Eigentümer zuzurückzugeben, fehlt es am Vorsatz. Auch eine sofortige Abgabe bei einem privaten Dritten oder die Unkenntnis über die Anzeigepflicht kann entlastend wirken.
2. Irrtum über den Fundcharakter
Nicht selten sind sich Finder nicht bewusst, dass ein Fund im juristischen Sinne vorliegt. Wer etwa glaubt, dass ein Gegenstand herrenlos sei oder aufgegeben wurde, handelt nicht vorsätzlich. Die rechtliche Bewertung solcher Sachverhalte erfordert Fingerspitzengefühl und eine sorgfältige Einordnung der Umstände.
3. Geringwertigkeit und Verfahrenseinstellung
Ist der Wert der Sache gering (unter 50 Euro) und bestehen keine weiteren Auffälligkeiten, kann eine Einstellung nach § 153 StPO erreicht werden. Auch eine Wiedergutmachung, etwa durch Herausgabe der Sache oder Zahlung eines Wertersatzes, kann strafmildernd oder verfahrensbeendigend wirken.
4. Einlassung nur nach Akteneinsicht
Wie bei allen Strafverfahren gilt: Eine Einlassung sollte erst nach vollständiger Akteneinsicht durch den Verteidiger erfolgen. Nicht selten sind die Beweislage und der Sachverhalt weniger eindeutig, als es der Anfangsverdacht vermuten lässt. Eine voreilige Aussage kann schwerwiegende Folgen haben.
Bedeutung der anwaltlichen Vertretung
Gerade bei Ermittlungsverfahren wegen Fundunterschlagung lohnt es sich, frühzeitig einen erfahrenen Strafverteidiger einzuschalten. Ziel ist nicht nur die Vermeidung einer Hauptverhandlung oder Verurteilung, sondern auch die Wahrung der Reputation und der Schutz vor Eintragungen im Führungszeugnis.
Ein erfahrener Verteidiger prüft die formalen Voraussetzungen des Verfahrens, bewertet die Beweislage und verhandelt mit der Staatsanwaltschaft über diskrete und sachgerechte Lösungen. Gerade bei unklarer Sachlage oder geringen wirtschaftlichen Werten ist eine Einstellung oft erreichbar.
Nicht jeder Fund ist eine Straftat
Die Grenze zwischen einem ehrlichen Fund und einer strafbaren Fundunterschlagung ist schmal. Wer einen Gegenstand findet, sollte diesen unverzüglich der zuständigen Behörde melden oder dem Eigentümer zurückgeben. Wird dennoch ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, ist besonnenes Verhalten gefragt.
Rechtsanwalt Andreas Junge, Fachanwalt für Strafrecht, steht Ihnen mit Kompetenz, Diskretion und langjähriger Erfahrung zur Seite. Viele von ihm betreute Verfahren konnten durch frühzeitiges Eingreifen eingestellt werden. Lassen Sie sich beraten, bevor aus einem Fund eine strafrechtliche Belastung wird.