Insolvenzverschleppung – strafrechtliche Risiken für Geschäftsführer und warum schnelles Handeln entscheidend ist

Die Insolvenz eines Unternehmens ist nicht nur ein wirtschaftliches, sondern häufig auch ein strafrechtliches Risiko. Besonders im Fokus stehen dabei Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften wie GmbHs, UGs oder AGs. Denn wer trotz bestehender Insolvenzreife keinen rechtzeitigen Insolvenzantrag stellt, macht sich unter Umständen der Insolvenzverschleppung strafbar.

Viele Unternehmer handeln in der Annahme, mit eigenen Mitteln oder durch neue Aufträge eine kritische Liquiditätslage kurzfristig überbrücken zu können. Doch genau hier beginnt das strafrechtliche Risiko. Die gesetzlichen Vorgaben sind eindeutig – und werden von Ermittlungsbehörden und Insolvenzverwaltern zunehmend konsequent durchgesetzt.

Was bedeutet Insolvenzverschleppung?

Insolvenzverschleppung liegt vor, wenn ein Geschäftsführer trotz eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung seiner gesetzlichen Pflicht zur rechtzeitigen Stellung eines Insolvenzantrags nicht nachkommt. Diese Pflicht ergibt sich aus § 15a der Insolvenzordnung (InsO). Die Frist beträgt grundsätzlich drei Wochen ab Eintritt der Insolvenzreife. Innerhalb dieses Zeitraums muss ein ordnungsgemäßer Insolvenzantrag beim zuständigen Insolvenzgericht eingereicht werden.

Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO liegt dann vor, wenn das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, fällige Verbindlichkeiten in nennenswertem Umfang zu begleichen. Überschuldung gemäß § 19 InsO besteht, wenn das Vermögen der Gesellschaft die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, eine positive Fortführungsprognose ist gerechtfertigt.

Gerade in der Praxis ist die Abgrenzung nicht immer einfach. Dennoch kommt es entscheidend darauf an, dass Geschäftsführer die wirtschaftliche Lage ihres Unternehmens laufend prüfen – und im Ernstfall rechtzeitig reagieren.

Welche Strafen drohen bei Insolvenzverschleppung?

Die Insolvenzverschleppung ist kein bloßes Ordnungswidrigkeitenverfahren, sondern eine echte Straftat. Nach § 15a Abs. 4 und 5 InsO kann sie mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden. In besonders schwerwiegenden Fällen kann zudem der Vorwurf des Bankrotts nach § 283 StGB im Raum stehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn etwa Vermögenswerte beiseitegeschafft, Buchführungsunterlagen manipuliert oder einzelne Gläubiger bevorzugt werden.

Oftmals bleibt es nicht bei dem einen Straftatbestand. In der Praxis sind Ermittlungsverfahren wegen Insolvenzverschleppung häufig mit weiteren Vorwürfen verknüpft – etwa dem Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen (§ 266a StGB), Steuerhinterziehung (§ 370 AO) oder Verstößen gegen Buchführungspflichten (§§ 283b, 283d StGB).

Geschäftsführer haften nicht nur strafrechtlich – sondern auch zivilrechtlich

Ein Strafverfahren ist für Geschäftsführer bereits belastend genug. Hinzu kommt jedoch regelmäßig eine zivilrechtliche Inanspruchnahme – und zwar in erheblichem Umfang. Nach § 15b InsO (vormals § 64 GmbHG) haften Geschäftsführer persönlich für alle Zahlungen, die nach Eintritt der Insolvenzreife aus dem Gesellschaftsvermögen geleistet wurden, sofern sie nicht ausnahmsweise mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns zu vereinbaren sind.

Darüber hinaus können Sozialversicherungsträger, Finanzämter oder Insolvenzverwalter Regressforderungen gegen die Geschäftsführung geltend machen. Selbst wenn die Insolvenz auf äußere Umstände oder betriebsinterne Fehler zurückzuführen ist, trifft Geschäftsführer eine persönliche Überwachungspflicht – und damit auch eine potenzielle persönliche Haftung. In besonders schwerwiegenden Fällen droht sogar die Privatinsolvenz.

Wie werden Verfahren wegen Insolvenzverschleppung eingeleitet?

In der Regel beginnt ein solches Verfahren mit einer Mitteilung des vorläufigen Insolvenzverwalters an die Staatsanwaltschaft. Auch die Deutsche Rentenversicherung, das Hauptzollamt oder das Finanzamt geben häufig Hinweise an die Ermittlungsbehörden, wenn sie offene Forderungen oder Beitragsrückstände feststellen.

Bereits im frühen Verfahrensstadium können dann umfangreiche Maßnahmen erfolgen: Durchsuchungen, Sicherstellung von Unterlagen, Kontopfändungen oder die Einleitung weiterer Ermittlungen – etwa wegen Insolvenzstraftaten oder Steuervergehen. Für die Betroffenen bedeutet dies nicht nur einen tiefen Einschnitt in ihr berufliches und privates Leben, sondern auch eine enorme rechtliche Herausforderung.

Warum eine spezialisierte Verteidigung unerlässlich ist

Gerade in Fällen der Insolvenzverschleppung ist eine frühzeitige, strategisch ausgerichtete Verteidigung entscheidend. Denn schon im Ermittlungsverfahren können Weichen gestellt werden, die über den weiteren Verlauf – und damit über eine Einstellung, einen Strafbefehl oder eine Anklage – entscheiden.

Rechtsanwalt Andreas Junge, Fachanwalt für Strafrecht, und Rechtsanwalt Dr. Maik Bunzel von der Kanzlei JHB.Legal haben sich auf die Verteidigung in wirtschaftsstrafrechtlichen Verfahren spezialisiert. Sie beraten und vertreten bundesweit Geschäftsführer und Unternehmer, die mit dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung oder verwandten Delikten konfrontiert sind.

Dank ihrer langjährigen Erfahrung wissen sie, welche rechtlichen, wirtschaftlichen und taktischen Aspekte in solchen Verfahren zu berücksichtigen sind. In enger Zusammenarbeit mit Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Insolvenzrechtlern entwickeln sie Verteidigungsstrategien, die nicht nur juristisch präzise, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll sind.

Ihr Ziel ist stets, das Verfahren so früh wie möglich zu beeinflussen – etwa durch aktives Einwirken auf die Ermittlungsbehörden, Aufarbeitung der Unternehmenszahlen oder Entwicklung tragfähiger Sanierungsansätze. Wo möglich, wird ein öffentliches Strafverfahren vermieden und auf eine diskrete, einvernehmliche Lösung hingearbeitet.

Wann sollte man handeln?

Die Antwort ist eindeutig: so früh wie möglich. Wer als Geschäftsführer mit wirtschaftlichen Problemen konfrontiert ist oder bereits ein Schreiben der Staatsanwaltschaft, des Finanzamts oder eines Insolvenzverwalters erhalten hat, sollte unverzüglich anwaltlichen Rat einholen. Denn je früher eine spezialisierte Verteidigung ansetzt, desto größer sind die Chancen, Schäden zu begrenzen – sowohl strafrechtlich als auch wirtschaftlich.