Wenn ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung eingeleitet wird, weil sich ein beauftragter Subunternehmer als Scheinfirma herausstellt, kann dies gravierende Folgen haben – sowohl für das Unternehmen als auch für die persönlich verantwortlichen Organe wie Geschäftsführer oder Gesellschafter. In diesem FAQ-Beitrag geben Rechtsanwalt Andreas Junge und Dr. Maik Bunzel, beide Fachanwälte für Strafrecht und zertifizierte Berater für Steuerstrafrecht, einen fundierten Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten zu dieser problematischen Konstellation.
Was versteht man unter einer Scheinfirma?
Eine Scheinfirma ist ein Unternehmen, das zwar rechtlich existiert – etwa durch Eintragung im Handelsregister oder durch Erhalt einer Steuernummer – jedoch keine reale wirtschaftliche Tätigkeit entfaltet. In vielen Fällen werden solche Firmen nur gegründet, um als formale Rechnungsaussteller zu fungieren, obwohl keine tatsächlichen Leistungen erbracht werden. Diese Scheinrechnungen dienen häufig dazu, Betriebsausgaben vorzutäuschen oder sich unrechtmäßig Vorsteuer erstatten zu lassen.
Wann liegt Steuerhinterziehung vor?
Eine Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 Abgabenordnung (AO) liegt dann vor, wenn dem Finanzamt unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht werden, die zu einer Verkürzung von Steuern oder zu einem nicht gerechtfertigten Steuervorteil führen. Im Zusammenhang mit Scheinfirmen geschieht dies meist dadurch, dass Scheinrechnungen einer solchen Firma als Betriebsausgaben geltend gemacht oder Vorsteuer daraus gezogen wird – obwohl gar keine Leistung erbracht wurde. Wenn dem Unternehmer klar war oder klar hätte sein müssen, dass es sich bei der Firma um eine Scheinkonstruktion handelt, macht er sich strafbar.
Welche strafrechtlichen Konsequenzen drohen?
Wer wegen Steuerhinterziehung durch Scheinfirmen beschuldigt wird, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Bereits die einfache Steuerhinterziehung wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet. Bei besonders schweren Fällen – etwa bei bandenmäßiger Begehung oder bei einem Hinterziehungsbetrag von über 50.000 Euro – beträgt die Strafandrohung sogar bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe.
Zusätzlich wird eine Verurteilung regelmäßig ins Führungszeugnis eingetragen, was die berufliche und geschäftliche Zukunft erheblich gefährden kann. Bei Geschäftsführern droht darüber hinaus der Verlust der Gewerbeerlaubnis oder die persönliche Haftung für Steuerschäden.
Besteht eine persönliche Haftung für Geschäftsführer?
Ja, Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften haften persönlich, wenn sie es versäumen, die steuerlichen Pflichten des Unternehmens zu erfüllen oder wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig mit Scheinfirmen zusammenarbeiten. Die Rechtsprechung verlangt von Geschäftsführern eine aktive Überwachung und Plausibilitätskontrolle der eingesetzten Subunternehmer.
Wer also etwa trotz fehlender Geschäftsadresse, mangelhafter Leistungsnachweise oder auffälliger Barzahlungen mit einem Subunternehmer zusammenarbeitet, der nachträglich als Scheinfirma entlarvt wird, muss mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung oder zumindest der Beihilfe rechnen.
Was genau wird in einem Ermittlungsverfahren geprüft?
Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wird untersucht, ob dem Auftraggeber bei der Zusammenarbeit mit der Scheinfirma Kenntnis oder ein sogenanntes „Wissenmüssen“ über die fehlende wirtschaftliche Tätigkeit des Subunternehmers nachgewiesen werden kann. Die Staatsanwaltschaft prüft insbesondere, ob der Auftraggeber die Rechnungen unkritisch akzeptiert hat, obwohl er anhand äußerer Umstände Zweifel hätte haben müssen.
Dabei werden häufig Geschäftsunterlagen, E-Mail-Korrespondenzen, Zahlungsnachweise, Leistungsprotokolle sowie mögliche Zeugenaussagen von Mitarbeitern ausgewertet. Auch die Buchhaltung und interne Kontrollmechanismen können im Zentrum der Ermittlungen stehen.
Welche Rolle spielt der Vorsteuerabzug?
Der unberechtigte Vorsteuerabzug ist ein zentrales Risiko bei der Zusammenarbeit mit Scheinfirmen. Wenn das Finanzamt feststellt, dass die geltend gemachte Vorsteuer auf einer Scheinrechnung beruht – also keine echte Leistung vorliegt –, wird der Abzug rückwirkend aberkannt. Dies führt zu Steuernachforderungen, Zinsen und gegebenenfalls auch zur Einleitung eines Steuerstrafverfahrens.
Die Rechtsprechung verlangt, dass der Unternehmer nachweist, dass die abgerechnete Leistung tatsächlich erbracht wurde und dass der Rechnungsaussteller auch der tatsächliche Leistungserbringer war. Ist dies nicht möglich und hätte die Unrichtigkeit auffallen müssen, wird das Finanzamt in der Regel eine strafbare Handlung annehmen.
Wie kann man sich effektiv verteidigen?
Die Verteidigung beginnt mit einer genauen Analyse der Ermittlungsakte. Im Rahmen der Akteneinsicht verschaffen sich Strafverteidiger einen Überblick über die Vorwürfe, die Belastungsmittel und die Ermittlungsrichtung der Staatsanwaltschaft. Eine erfolgreiche Verteidigung kann auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen:
Es kann etwa nachgewiesen werden, dass eine tatsächliche Leistung vorlag, dass die Buchhaltung ordnungsgemäß dokumentiert wurde oder dass der Mandant nicht wusste und auch nicht hätte wissen müssen, dass es sich bei dem Subunternehmer um eine Scheinfirma handelte. Je nach Lage kann ein Antrag auf Einstellung des Verfahrens, auf eine Verfahrensbeendigung gegen Geldauflage oder eine verteidigte Einlassung im Rahmen einer Hauptverhandlung sinnvoll sein.
Warum ist eine spezialisierte Verteidigung unverzichtbar?
Steuerstrafrecht gehört zu den besonders komplexen Teilbereichen des Strafrechts. Es erfordert nicht nur strafprozessuale Erfahrung, sondern auch fundierte Kenntnisse im Steuerrecht und eine strategische Zusammenarbeit mit Steuerberatern oder Betriebsprüfern. Wer sich einem Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung gegenübersieht, sollte keinesfalls ohne anwaltlichen Beistand handeln oder voreilig Aussagen machen.
Rechtsanwalt Andreas Junge und Dr. Maik Bunzel verfügen über langjährige Erfahrung in der Verteidigung von Unternehmern und Geschäftsführern im Bereich des Steuerstrafrechts. Ihre Expertise in komplexen Verfahren mit wirtschaftlichem Bezug ermöglicht es, frühzeitig einzugreifen, drohende Nachteile abzuwehren und die Weichen für eine erfolgreiche Verteidigung zu stellen.
Welche Maßnahmen helfen, solche Risiken künftig zu vermeiden?
Unternehmen sollten bei der Auswahl ihrer Subunternehmer mit besonderer Sorgfalt vorgehen. Es ist empfehlenswert, bei jedem Auftraggeber zu prüfen, ob er über eine gültige Steuernummer verfügt, ob ein Gewerbenachweis und eine Berufshaftpflichtversicherung vorliegt und ob Geschäftstätigkeit und Infrastruktur glaubwürdig erscheinen.
Darüber hinaus sollten Leistungen detailliert dokumentiert, Verträge schriftlich abgeschlossen, Rechnungen auf Plausibilität geprüft und Zahlungsvorgänge nachvollziehbar gestaltet werden. Es empfiehlt sich, regelmäßig Schulungen durchzuführen, um Führungskräfte und Buchhaltungsmitarbeiter für die Gefahren von Scheinrechnungen zu sensibilisieren.
Ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung aufgrund der Zusammenarbeit mit einer Scheinfirma kann für Unternehmer existenzbedrohend sein. Die Gefahr, unbewusst in ein solches Verfahren verwickelt zu werden, ist in der Praxis größer als viele glauben. Deshalb ist es entscheidend, von Beginn an professionelle Verteidigung in Anspruch zu nehmen und das Verfahren aktiv zu gestalten, statt es geschehen zu lassen.
Rechtsanwalt Andreas Junge und Dr. Maik Bunzel beraten und verteidigen bundesweit in Verfahren wegen Steuerhinterziehung – schnell, diskret und kompetent. Ihre Erfahrung und Spezialisierung machen sie zu verlässlichen Partnern in einer für Mandanten oft existenziellen Krise.