FAQ: Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen sexueller Belästigung

Ein Vorwurf sexueller Belästigung trifft Polizeibeamte besonders hart. Während das Strafrecht allen Personen gleich gilt, sind die beruflichen und disziplinarrechtlichen Folgen für Angehörige des öffentlichen Dienstes weitreichender als bei Privatpersonen. In diesem Beitrag beantworten Rechtsanwalt Andreas Junge und Dr. Maik Bunzel, Fachanwälte für Strafrecht mit besonderer Erfahrung in der Verteidigung von Beamten, die häufigsten Fragen zu Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen des Verdachts auf sexuelle Belästigung (§ 184i StGB).

Was ist nach § 184i StGB strafbar?

Nach § 184i Strafgesetzbuch macht sich strafbar, wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt, ohne dass diese Berührung gewünscht ist. Die Handlung muss geeignet sein, das Opfer in seiner sexuellen Selbstbestimmung zu verletzen.

Anders als bei schwereren Sexualdelikten reicht eine einmalige, kurze, aber übergriffige Handlung aus – etwa das Berühren des Gesäßes, der Brust oder der Oberschenkel gegen den Willen des Opfers. Die Tat wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren geahndet.

Wann sind Polizeibeamte besonders gefährdet, in den Verdacht zu geraten?

Polizisten geraten insbesondere dann ins Visier strafrechtlicher Ermittlungen, wenn sie im Rahmen von:

  • Durchsuchungen oder körperlichen Kontrollen,

  • Gewahrsamnahmen oder Festnahmen,

  • Einsätzen in privaten Umfeldern,

  • oder bei dienstlich bedingten privaten Kontakten (z. B. im Rahmen von Zeugenvernehmungen, Ermittlungen oder Sicherstellungen)

den Eindruck erwecken, in unangemessener Weise körperliche Nähe gesucht oder hergestellt zu haben. Besonders problematisch ist dabei, dass solche Situationen häufig unter Zeitdruck, in Stressmomenten oder ohne neutrale Zeugen ablaufen – was die Verteidigung erschwert.

Was bedeutet „sexuell bestimmte Weise“ in der Praxis?

Der Begriff „sexuell bestimmt“ wird von der Rechtsprechung nicht allein an der subjektiven Absicht des Täters gemessen, sondern auch an objektiven Kriterien – etwa der Art der Berührung, dem Körperteil, dem Kontext, dem Auftreten des Beschuldigten und der Reaktion des mutmaßlichen Opfers.

Beispiel: Das versehentliche Streifen des Gesäßes im Gedränge kann in einer Durchsuchungssituation harmlos sein – kann aber in einem ruhigen, privaten Umfeld ganz anders gewertet werden. Entscheidend ist, ob die Handlung insgesamt als sexuell motiviert und übergriffig erscheint.

Reicht die Aussage des Opfers für ein Ermittlungsverfahren?

Ja. Die Strafverfolgungsbehörden sind verpflichtet, jedem Anfangsverdacht nachzugehen. Schon eine Anzeige oder ein glaubhaft vorgetragener Verdacht kann genügen, um ein Ermittlungsverfahren einzuleiten.

In sogenannten „Aussage-gegen-Aussage“-Konstellationen prüfen Polizei und Staatsanwaltschaft insbesondere:

  • die Detailtiefe der Aussage,

  • die Konsistenz mit objektiven Umständen,

  • die Motivlage der Beteiligten,

  • und die Glaubhaftigkeit im Gesamtkontext.

Die Aussage einer einzelnen Person kann im Extremfall für eine Anklage oder sogar eine Verurteilung ausreichen – umso wichtiger ist eine sachgerechte Verteidigungsstrategie.

Welche dienstrechtlichen Konsequenzen drohen?

Schon im Ermittlungsstadium können Polizeibeamte:

  • vorläufig vom Dienst suspendiert werden,

  • in den Innendienst versetzt werden,

  • oder vorübergehend dienstunfähig erklärt werden.

Bei einer strafrechtlichen Verurteilung wegen sexueller Belästigung ist regelmäßig mit einem Disziplinarverfahren zu rechnen. Die mögliche Bandbreite reicht von Verweisen oder Geldbußen bis hin zur Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, insbesondere bei Freiheitsstrafen über einem Jahr oder bei Verlust der persönlichen Eignung für den Polizeidienst.

Was ist der richtige erste Schritt nach einer Anzeige?

Wenn ein Polizeibeamter mit einem solchen Vorwurf konfrontiert wird, sollte er:

  1. keine Angaben zur Sache machen, weder gegenüber der Polizei noch gegenüber Vorgesetzten,

  2. unverzüglich anwaltlichen Beistand einholen, idealerweise durch einen Fachanwalt für Strafrecht mit Erfahrung im Beamtenrecht,

  3. die Situation dokumentieren, insbesondere Zeit, Ort, Beteiligte und ggf. Zeugen,

  4. alle potenziell entlastenden Dokumente oder Aufnahmen sichern – etwa Einsatzberichte, Bodycam-Daten oder Funkprotokolle,

  5. keine eigenmächtigen Kontaktversuche mit dem mutmaßlichen Opfer oder Zeugen unternehmen.

Wie kann ein Verteidiger helfen?

Ein erfahrener Strafverteidiger prüft zunächst durch Akteneinsicht, was der genaue Tatvorwurf ist und wie dieser belegt werden soll. Gemeinsam mit dem Mandanten entwickelt er dann eine passende Verteidigungsstrategie.

Dies kann beinhalten:

  • die frühzeitige Stellungnahme zur Ausräumung des Verdachts,

  • die Initiative zur Verfahrenseinstellung (§ 170 Abs. 2 StPO oder §§ 153, 153a StPO),

  • das Aufzeigen alternativer Abläufe oder Missverständnisse,

  • die Organisation entlastender Sachverständigengutachten oder Zeugen.

Zudem kann er den Beamten im Disziplinarverfahren beraten und begleiten, um dessen dienstliche Interessen ebenso zu schützen wie seine strafrechtliche Unversehrtheit.

Was unterscheidet die Verteidigung von Polizeibeamten von der bei anderen Beschuldigten?

Polizeibeamte kennen das Ermittlungsverfahren von der anderen Seite – aber genau das kann zu Problemen führen. Denn sie stehen unter besonderer Beobachtung: durch Vorgesetzte, Kollegen, Medien und Öffentlichkeit. Eine falsche Aussage aus falschem Vertrauen in die eigene Routine kann mehr Schaden anrichten als ein bewusstes Schweigen.

Darüber hinaus bedeutet die Doppelfunktion von Polizei als Ermittlungs- und Ordnungsbehörde, dass Ermittlungen gegen Kollegen oft sensibler geführt – oder umgekehrt strenger kontrolliert – werden. Das erhöht die Notwendigkeit einer unabhängigen, externen Verteidigung.

Ein Ermittlungsverfahren wegen sexueller Belästigung ist für Polizeibeamte ein erheblicher Einschnitt – unabhängig vom späteren Ausgang. Schon der Vorwurf kann Karriere, Ansehen und Beamtenstatus gefährden. Deshalb ist es entscheidend, von Beginn an professionell und umsichtig zu agieren.

Rechtsanwalt Andreas Junge und Dr. Maik Bunzel stehen Beamten bundesweit zur Seite – diskret, entschlossen und mit großer Erfahrung im Straf- und Dienstrecht. Ihr Ziel: Die strafrechtliche Aufarbeitung kontrollieren, berufliche Konsequenzen minimieren – und die Zukunft ihres Mandanten schützen.