Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung im Straßenverkehr

Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit – und schon ist ein Verkehrsunfall passiert, bei dem eine andere Person verletzt wurde. Für viele Betroffene ist es ein Schock, wenn sie kurz darauf ein Schreiben der Polizei oder Staatsanwaltschaft erhalten: Gegen sie wird wegen fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 229 StGB ermittelt. Was zunächst nach einem Verwaltungsverstoß klingt, ist tatsächlich ein strafrechtlicher Vorwurf mit potenziell schwerwiegenden Folgen. Im Folgenden beantwortet Rechtsanwalt Andreas Junge, Fachanwalt für Strafrecht, gemeinsam mit Dr. Maik Bunzel, die wichtigsten Fragen rund um solche Verfahren.

Was bedeutet „fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr“?

Die fahrlässige Körperverletzung liegt dann vor, wenn jemand eine andere Person verletzt, weil er gegen die Sorgfaltspflichten im Straßenverkehr verstoßen hat – etwa durch Unaufmerksamkeit, Missachtung der Vorfahrt, zu hohe Geschwindigkeit oder fehlerhaftes Abbiegen. Es genügt bereits, dass die Sorgfalt außer Acht gelassen wurde, die ein umsichtiger Verkehrsteilnehmer unter den gleichen Umständen beachtet hätte. Vorsatz – also Absicht – ist für die Strafbarkeit nicht erforderlich.

Welche Strafe droht bei einer Verurteilung?

Der Gesetzgeber sieht für fahrlässige Körperverletzung eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor. In vielen Fällen wird bei Ersttätern eine Geldstrafe verhängt. Entscheidend sind die Schwere der Verletzung, die Umstände des Unfalls und ob ein gravierender Verkehrsverstoß vorliegt. Bei besonders schweren Fällen – z. B. wenn bleibende Schäden verursacht wurden – kann auch eine Freiheitsstrafe zur Diskussion stehen.

Zusätzlich können weitere rechtliche Konsequenzen eintreten, wie der Entzug der Fahrerlaubnis (§ 69 StGB), Punkte in Flensburg oder zivilrechtliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen durch die verletzte Person.

Wann wird der Führerschein entzogen?

Der Führerschein kann entzogen werden, wenn sich aus dem Unfallgeschehen ergibt, dass der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist. Dies kann insbesondere bei groben Pflichtverletzungen, erheblicher Geschwindigkeit oder bei gefährlichen Fahrmanövern der Fall sein. Auch bei Alkohol- oder Drogenkonsum im Straßenverkehr droht die Entziehung der Fahrerlaubnis unabhängig von der Strafhöhe. Die Sperrfrist für die Neuerteilung kann bis zu sechs Monate oder länger betragen.

Ist eine Einstellung des Verfahrens möglich?

Ja, eine Einstellung ohne Hauptverhandlung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich – insbesondere bei erstmaliger Auffälligkeit, geringfügigen Verletzungen und wenn Wiedergutmachung geleistet wurde (z. B. durch Zahlung an das Opfer oder an eine gemeinnützige Einrichtung). Die Staatsanwaltschaft kann das Verfahren dann nach § 153 StPO (ohne Auflagen) oder § 153a StPO (gegen Auflage) einstellen.

Ob eine solche Lösung in Betracht kommt, hängt stark vom Einzelfall ab – und davon, wie frühzeitig ein Verteidiger eingebunden wird, der entsprechende Maßnahmen einleiten und vorbereiten kann.

Muss ich mich zur Sache äußern?

Nein. Als Beschuldigter sind Sie nicht verpflichtet, Angaben zur Sache zu machen – weder bei der Polizei noch bei der Staatsanwaltschaft. Vielmehr ist es ratsam, zunächst über einen Verteidiger Akteneinsicht zu beantragen und danach gemeinsam zu entscheiden, ob eine Einlassung sinnvoll ist. Unbedachte Aussagen direkt nach dem Unfall oder bei einer polizeilichen Vorladung können sich später nachteilig auswirken, selbst wenn sie gut gemeint sind.

Welche Rolle spielt die Haftpflichtversicherung?

Die Kfz-Haftpflichtversicherung übernimmt grundsätzlich die zivilrechtlichen Ansprüche des Geschädigten – etwa für Heilbehandlungskosten, Verdienstausfall oder Schmerzensgeld. Allerdings kann sie bei grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlichem Verhalten den Versicherten teilweise in Regress nehmen. Auch strafrechtlich ist der Versicherungsschutz irrelevant: Das Strafverfahren wird unabhängig davon geführt, ob die Versicherung zahlt oder nicht.

Kann ein Strafbefehl ergehen?

Ja. In vielen Fällen leitet die Staatsanwaltschaft kein Hauptverfahren ein, sondern beantragt einen Strafbefehl, der wie ein Urteil wirkt. Er enthält in der Regel eine Geldstrafe in Tagessätzen, gegebenenfalls mit Nebenfolgen wie einem Fahrverbot oder der Entziehung der Fahrerlaubnis. Gegen den Strafbefehl kann innerhalb von zwei Wochen Einspruch eingelegt werden – dann kommt es zu einer mündlichen Verhandlung.

Warum ist anwaltliche Hilfe so wichtig?

Ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung kann massive Auswirkungen haben – insbesondere für Berufskraftfahrer, Beamte oder Personen mit sicherheitsrelevanten Tätigkeiten. Bereits der Eintrag im Bundeszentralregister oder ein Führerscheinentzug kann zu beruflichen Einschränkungen führen.

Ein erfahrener Verteidiger kann nicht nur die rechtliche Lage einschätzen, sondern auch gezielt auf eine Verfahrenseinstellung oder auf milde Sanktionen hinwirken. Außerdem kann er entlastende Umstände – etwa technische Mängel, Sichtbehinderungen oder Fehler anderer Beteiligter – professionell in die Verteidigung einbringen.

Ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung im Straßenverkehr ist keine Lappalie. Es geht nicht nur um eine mögliche Geldstrafe, sondern auch um Führerschein, Beruf und persönliches Ansehen. Wer betroffen ist, sollte frühzeitig handeln und sich professionell beraten lassen.

Rechtsanwalt Andreas Junge und Dr. Maik Bunzel verfügen über umfassende Erfahrung in Verkehrsstrafverfahren und bieten bundesweit eine diskrete, sachliche und zielorientierte Verteidigung – mit besonderem Blick auf die existenziellen Folgen für ihre Mandanten.

Wenn Sie selbst betroffen sind oder für ein Familienmitglied rechtliche Unterstützung suchen, können Sie zeitnah eine fundierte Einschätzung erhalten – am besten, bevor aus dem Verfahren ein belastendes Urteil wird.