Urologen betreuen ein breites Spektrum an Patienten – von präventiven Vorsorgeuntersuchungen über operative Eingriffe bis hin zur Langzeittherapie chronischer Erkrankungen. Gerade durch die Vielfalt der Leistungen und die hohe Frequenz an Konsultationen ist das Abrechnungswesen in urologischen Praxen besonders komplex. Das birgt jedoch auch Risiken: Bereits kleine Abweichungen oder Unstimmigkeiten in der Dokumentation und Abrechnung können den Verdacht auf Abrechnungsbetrug begründen. Ein solches Ermittlungsverfahren ist für die Betroffenen mit erheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen und persönlichen Folgen verbunden. Umso entscheidender ist es, in solchen Situationen eine strukturierte und sachkundige Verteidigung aufzubauen.
Strafrechtlicher Hintergrund und rechtliche Abgrenzung
Der Vorwurf des Abrechnungsbetrugs richtet sich in der Regel nach § 263 StGB. Demnach macht sich strafbar, wer durch Täuschung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil erlangt – beispielsweise durch die Abrechnung nicht erbrachter oder unzutreffend dargestellter ärztlicher Leistungen. Entscheidend ist jedoch, ob ein Vorsatz zur Täuschung vorlag. Eine bloße Abweichung von Abrechnungsregeln oder eine organisatorische Nachlässigkeit reicht für eine strafrechtliche Verurteilung nicht aus.
Die Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs, stellt klar: Der subjektive Tatbestand des Vorsatzes muss eindeutig nachgewiesen sein (vgl. BGH, Beschl. vom 17.07.2018 – 1 StR 88/18). Gerade bei medizinischen Leistungen, die in der Praxis teilweise schwer abzugrenzen oder zu dokumentieren sind, eröffnet dies Spielräume für eine differenzierte Verteidigung.
Typische Fallkonstellationen in urologischen Praxen
Ermittlungsverfahren gegen Urologen konzentrieren sich häufig auf einige wiederkehrende Problemfelder. Besonders häufig stehen sogenannte „Phantomleistungen“ im Raum – etwa die Abrechnung von Vorsorgeuntersuchungen oder Therapiesitzungen, die nach Aktenlage nicht stattgefunden haben sollen. In vielen Fällen resultieren diese Unstimmigkeiten jedoch aus fehlerhaften Kalendern, Praxissoftwareproblemen oder unvollständiger Dokumentation.
Ein weiteres Risikofeld betrifft die Abrechnung delegierter Leistungen. So kann es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen, wenn technische Assistenzkräfte beispielsweise urologische Sonographien vornehmen, die anschließend ohne ausreichende ärztliche Kontrolle unter dem Namen des Arztes abgerechnet werden. Ebenso problematisch ist die parallele Abrechnung ähnlicher oder sich ausschließender Gebührenziffern bei einem einzigen Patientenkontakt.
In Gemeinschaftspraxen oder MVZ-Strukturen stehen regelmäßig Fragen zur Zurechnung der Leistungserbringung im Raum: Wer hat welche Leistung erbracht? Wer war anwesend? Wer ist zur Abrechnung berechtigt? Solche Konstellationen bieten Anlass für umfangreiche Ermittlungen, insbesondere wenn auffällige Häufungen bestimmter Leistungen oder hohe Fallzahlen festgestellt werden.
Mögliche strafrechtliche und berufliche Folgen
Bereits die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kann für den betroffenen Urologen massive Auswirkungen haben. Der Verdacht beschädigt nicht nur das Ansehen innerhalb der Ärzteschaft und gegenüber Patienten, sondern bringt auch handfeste Risiken mit sich:
- Verhängung von Geld- oder Freiheitsstrafen,
- Rückforderungen durch Krankenkassen oder die Kassenärztliche Vereinigung,
- Widerruf der kassenärztlichen Zulassung,
- Entzug der Approbation bei schwerwiegenden Verstößen,
- Disziplinarmaßnahmen durch die Ärztekammer,
- Negative Eintragungen ins Arztregister oder Führungszeugnis.
Ein öffentlich bekannt gewordener Fall betraf einen Urologen, der jahrelang Vorsorgeuntersuchungen überdurchschnittlich oft abgerechnet hatte, ohne diese laut Ermittlungsakten durchgängig dokumentiert zu haben. Das Landgericht wies zwar eine erhebliche Zahl der Vorwürfe als nicht nachweisbar zurück, betonte jedoch, dass eine systematische Überfakturierung auch dann strafbar sein kann, wenn nur teilweise bewusste Fehlinformationen vorliegen.
Verteidigungsstrategien
Die Verteidigung in Fällen des Abrechnungsbetrugs erfordert eine strukturierte, sachliche und medizinisch unterlegte Argumentation. Ein erster Schritt besteht in der vollständigen Einsicht in die Ermittlungsakten und die genaue Analyse der betroffenen Abrechnungszeiträume. Dabei ist entscheidend, ob sich die Vorwürfe auf konkrete Einzelfälle oder eine angeblich systematische Praxis beziehen.
In vielen Fällen lassen sich Unstimmigkeiten durch ordnungsgemäße Nachweise entkräften – etwa durch Patientenakten, interne Kalendereinträge, Protokolle oder Zeugenaussagen von Mitarbeitern. Auch technische Gutachten zur Praxissoftware oder zur verwendeten Dokumentation können helfen, Fehlerquellen transparent zu machen.
Ein zentraler Verteidigungsansatz ist der Nachweis fehlenden Vorsatzes. Handelte es sich um einen nachvollziehbaren Abrechnungsfehler, um eine irreführende Formulierung im Gebührenkatalog oder um eine organisatorische Nachlässigkeit? Solche Umstände können den Verdacht entkräften oder zumindest eine Strafbarkeit ausschließen.
Zudem besteht in geeigneten Fällen die Möglichkeit einer Einstellung gegen Auflagen gemäß § 153a StPO – etwa durch Rückzahlung des vermeintlichen Schadens oder durch Vorlage eines qualifizierten Compliance-Konzepts. Auch die Beantragung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung medizinischer und abrechnungstechnischer Fragen kann sinnvoll sein.
Die Gerichte zeigen sich bei nachvollziehbaren Abläufen und glaubwürdigem Verteidigungsverhalten grundsätzlich offen für lösungsorientierte Verfahrensbeendigungen. So entschied das LG Frankfurt/Main im Jahr 2021, dass ein Abrechnungsfehler bei sonographischen Leistungen mangels vorsätzlichen Handelns nicht strafbar sei, obwohl dieser zu einem hohen Rückforderungsbetrag führte.
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Ein Ermittlungsverfahren wegen Abrechnungsbetrugs ist für Urologen eine ernste Herausforderung – juristisch, wirtschaftlich und menschlich. Die komplexen Regelwerke der kassenärztlichen Abrechnung, der hohe Dokumentationsaufwand und die sensiblen Arzt-Patienten-Beziehungen machen die Verteidigung anspruchsvoll.
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