Zunahme von Ermittlungen im Pflegesektor
Ermittlungsverfahren gegen Pflegedienste und stationäre Pflegeeinrichtungen wegen des Verdachts des Abrechnungsbetrugs haben in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Im Zentrum der Vorwürfe steht dabei regelmäßig die Abrechnung von Pflegeleistungen gegenüber Kranken- und Pflegekassen, die entweder nicht erbracht, nicht im dokumentierten Umfang geleistet oder von nicht entsprechend qualifiziertem Personal ausgeführt wurden. Dabei reicht die Spannbreite der Verfahren von einzelnen Fällen fehlerhafter Leistungserfassung bis hin zu systematisch angelegten Betrugsstrukturen, bei denen die Staatsanwaltschaft von einem gewerbsmäßigen Vorgehen ausgeht.
Strafrechtliche Bewertung und mögliche Strafen
Die strafrechtliche Bewertung solcher Vorwürfe erfolgt meist unter dem Gesichtspunkt des Betrugs gemäß § 263 StGB. Voraussetzung für eine Strafbarkeit ist, dass die Abrechnung mit dem Vorsatz erfolgt ist, eine nicht gerechtfertigte Zahlung zu erlangen, also eine Täuschungshandlung über die tatsächlich erbrachte Leistung und eine hierdurch verursachte Vermögensverfügung des Kostenträgers. Bereits der Versuch eines solchen Betrugs ist strafbar. In besonders schweren Fällen, etwa bei bandenmäßiger Begehung oder einem besonders hohen Schaden, sind Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren möglich.
Wirtschaftliche Risiken und Rückforderungsansprüche
Pflegeeinrichtungen sehen sich im Rahmen solcher Verfahren nicht nur dem Risiko strafrechtlicher Sanktionen ausgesetzt, sondern auch gravierenden wirtschaftlichen Konsequenzen. Denn mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens drohen in vielen Fällen zugleich Rückforderungsbescheide der Pflege- oder Krankenkassen, die auf Grundlage der Abrechnungsprüfungen erstellt werden. Diese Rückforderungen betreffen oft erhebliche Zeiträume und können sich auf Summen im sechsstelligen Bereich belaufen. Insbesondere wenn Tagessätze für Pflegegrade oder bestimmte Leistungskomplexe betroffen sind, ergeben sich schnell hohe Summen, die kurzfristig liquiditätswirksam werden.
Gefahr des Zulassungsentzugs
Darüber hinaus droht die Einleitung eines Zulassungsentzugsverfahrens gegen den betroffenen Pflegedienst, wenn der Verdacht besteht, dass systematisch falsche Abrechnungen vorgenommen wurden. In der Praxis bedeutet dies für viele Einrichtungen die Existenzbedrohung, da mit dem Verlust der Zulassung auch die Abrechnungsmöglichkeit mit den Kassen entfällt. Selbst wenn das Strafverfahren zu einem späteren Zeitpunkt eingestellt wird, kann die wirtschaftliche Schädigung dann bereits eingetreten sein.
Typische Fallkonstellationen in der Pflegepraxis
Typische Konstellationen, die zu Ermittlungen führen, sind etwa die Abrechnung von Pflegeeinsätzen, die in dieser Form gar nicht oder in geringerem Umfang stattgefunden haben. Auch der Einsatz nicht ausreichend qualifizierter Pflegekräfte, deren Leistungen dennoch zu den vollen Sätzen abgerechnet werden, wird strafrechtlich relevant. In anderen Fällen wurden Pflegeprotokolle oder Leistungsnachweise nachträglich erstellt oder manipuliert, um eine vollständige Leistungserbringung vorzutäuschen. Besonders sensibel sind in diesem Zusammenhang sogenannte Kombinationsleistungen und Leistungskomplexe, bei denen es auf eine exakte Dokumentation und eine übereinstimmende Leistungszeit ankommt.
Anlass und Ablauf von Ermittlungsverfahren
Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erfolgt häufig aufgrund von Hinweisen aus dem Umfeld der Einrichtung – etwa durch ehemalige Mitarbeiter, unzufriedene Klienten oder durch Abrechnungsprüfungen der Kassen. Diese Prüfungen werden zunehmend datenbasiert durchgeführt, wobei Abweichungen zwischen dokumentiertem und mutmaßlichem Leistungsumfang, Plausibilitätslücken oder statistische Auffälligkeiten automatisiert erkannt und zur Anzeige gebracht werden.
Ermittlungsmaßnahmen und rechtliche Risiken
Im Rahmen der Ermittlungen kommt es nicht selten zu Durchsuchungen in der Einrichtung, zur Beschlagnahme von Dokumentationen und zur Vernehmung von Pflegepersonal. Auch die elektronische Kommunikation – etwa Dienstpläne, interne Anweisungen oder E-Mail-Verläufe – wird ausgewertet, um den Vorsatznachweis zu führen. Dabei ist besonders kritisch, dass Aussagen einzelner Pflegekräfte gegen die Einrichtung verwendet werden, ohne dass diesen zuvor die rechtlichen Tragweiten ihres Handelns bewusst waren. Gerade deshalb ist eine frühzeitige juristische Betreuung aller betroffenen Mitarbeitenden unerlässlich.
Verteidigungsansätze und Argumentationslinien
In der Verteidigungspraxis ist zu beobachten, dass viele Ermittlungsverfahren auf unklaren Dokumentationen oder Missverständnissen beruhen. Nicht jede Abweichung zwischen Dokumentation und tatsächlicher Leistung ist ein Betrug. Vielmehr muss der Vorsatz nachgewiesen werden, dass eine bewusste Täuschung vorgenommen wurde. Hier setzt die anwaltliche Verteidigung an: durch die Aufarbeitung der Dokumentationspraxis, die Herausstellung betrieblicher Abläufe und gegebenenfalls die Rekonstruktion einzelner Einsatzpläne kann oftmals dargelegt werden, dass keine betrügerische Absicht, sondern organisatorische Defizite oder Versehen vorlagen.
Verantwortung der Leitungsebene
Auch für Pflegedienstleitungen und Geschäftsführer ist die Situation rechtlich heikel. Als Verantwortliche für die Abrechnungen haften sie nicht nur wirtschaftlich, sondern können auch strafrechtlich belangt werden, wenn sie etwa durch Anweisung, Duldung oder Unterlassen eine unzutreffende Abrechnung ermöglicht oder gefördert haben. Umso wichtiger ist es, frühzeitig eine Verteidigungsstrategie zu entwickeln, die sowohl die individuelle Verantwortung als auch die Betriebsorganisation in den Blick nimmt.
Kompetente Strafverteidigung durch Rechtsanwalt Andreas Junge
Rechtsanwalt Andreas Junge, Fachanwalt für Strafrecht, verfügt über langjährige Erfahrung in der Verteidigung von Pflegeeinrichtungen und deren Verantwortlichen. Er kennt die Struktur von Pflegediensten, die Besonderheiten der Leistungsabrechnung und die Abläufe bei den Prüfinstanzen. Durch seine ruhige, sachliche und zielgerichtete Verteidigung gelingt es ihm regelmäßig, Verfahren bereits im Ermittlungsstadium zu beenden oder zumindest auf eine diskrete und wirtschaftlich tragbare Lösung hinzuwirken. Sein Ziel ist es, die Einrichtung zu stabilisieren, die Verantwortlichen zu entlasten und die weitere Berufsausübung zu sichern.
Frühzeitige Verteidigung sichert die Zukunft
Wer sich mit einem entsprechenden Vorwurf konfrontiert sieht, sollte nicht zögern, sondern frühzeitig professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Denn oft entscheidet nicht das Ergebnis des Verfahrens, sondern der Umgang mit der Krise über die Zukunft der Einrichtung. Rechtsanwalt Andreas Junge steht Ihnen in dieser Situation mit Erfahrung, juristischer Klarheit und praktischer Lösungskompetenz zur Seite. Zögern Sie nicht, wenn der Verdacht im Raum steht – lassen Sie sich beraten, bevor aus einer Prüfung eine Anklage wird.