Wenn Lehrkräfte beschuldigt werden, sexuelle Handlungen an ihnen anvertrauten Schülern vorgenommen zu haben, steht für die Betroffenen alles auf dem Spiel: Freiheit, berufliche Existenz und gesellschaftliche Reputation. Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen nach § 174 StGB ist einer der schwerwiegendsten, denen ein Lehrer im Strafrecht ausgesetzt sein kann.
Bereits die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kann zu einer sofortigen Suspendierung, einer öffentlichkeitswirksamen Vorverurteilung und der dauerhaften Zerstörung des beruflichen Werdegangs führen – auch dann, wenn sich der Vorwurf später als unbegründet erweist.
Rechtsanwalt Andreas Junge, Fachanwalt für Strafrecht, ist seit vielen Jahren auf die Verteidigung in genau diesen Verfahren spezialisiert. Durch seine große praktische Erfahrung mit Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen, Vernehmungspsychologie und disziplinarrechtlichen Besonderheiten bei Beamten konnte er zahlreiche Verfahren bundesweit erfolgreich begleiten – diskret, strategisch und mit dem notwendigen Verständnis für die Tragweite jedes einzelnen Falls.
Was regelt § 174 StGB?
§ 174 StGB schützt das besondere Abhängigkeitsverhältnis zwischen Schutzbefohlenen und ihren Betreuern – etwa Erziehern, Lehrern, Ausbildern oder Pflegeeltern. Strafbar macht sich, wer sexuelle Handlungen an einer Person vornimmt, die ihm zur Erziehung, Ausbildung oder Betreuung in der Lebensführung anvertraut ist.
Die Strafandrohung liegt bei sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe – in schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren. Die Vorschrift greift unabhängig davon, ob der oder die Betroffene minderjährig ist, wenn ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt. In Schulen wird dieses regelmäßig bejaht – selbst bei volljährigen Schülern, sofern ein erzieherischer Einfluss ausgeübt wird.
Der Bundesgerichtshof hat hierzu klargestellt:
„Ein Lehrer steht zu seinen Schülern grundsätzlich in einem Verhältnis, das geeignet ist, die freie Willensbildung zu beeinflussen – auch bei volljährigen Schülern, wenn sie im Rahmen eines erzieherischen Auftrags beaufsichtigt werden.“
(BGH, Urteil vom 07.11.2007 – 2 StR 385/07)
Typische Ausgangssituationen eines Ermittlungsverfahrens
In der Praxis beginnen viele Verfahren mit einer internen Meldung durch Kollegen, Eltern oder die Schulleitung. Auch Aussagen von Schülern in anonymen Befragungen, Gesprächen mit Vertrauenslehrern oder im Rahmen schulpsychologischer Betreuung können Auslöser sein.
Schon ein einzelner Satz wie „Herr X hat mich angefasst“ kann ausreichen, um Ermittlungen auszulösen – insbesondere, wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Lehrer und Schüler bereits angespannt war. Viele Verfahren beruhen ausschließlich auf der Aussage des angeblichen Opfers, ohne weitere objektive Beweise. Die Staatsanwaltschaft ist dennoch verpflichtet, zu ermitteln, wenn ein sogenannter Anfangsverdacht besteht (§ 152 Abs. 2 StPO).
Ablauf des Ermittlungsverfahrens und Sofortmaßnahmen
Wird ein Lehrer des sexuellen Missbrauchs eines Schutzbefohlenen verdächtigt, folgen häufig folgende Schritte:
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Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung,
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Durchsuchung der Wohnung, des Dienstrechners oder Mobiltelefons,
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vorläufige Suspendierung vom Dienst durch die Schulbehörde (§ 38 BeamtStG),
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Einleitung eines Disziplinarverfahrens,
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Information der Medien durch externe Stellen (mit erheblichem Reputationsschaden),
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und in gravierenden Fällen: Untersuchungshaft.
Die Verteidigung beginnt in dieser Phase mit einer konsequenten Schweigestrategie, der Beantragung von Akteneinsicht und der Analyse der Aussagequalität. In Fällen, in denen Aussage gegen Aussage steht, kommt es entscheidend auf die Glaubhaftigkeit und Widerspruchsfreiheit der Schilderung des angeblichen Opfers an.
Aussage-gegen-Aussage: Wie Gerichte entscheiden
Das Hauptproblem in Verfahren nach § 174 StGB ist die Beweisführung. Häufig gibt es weder körperliche Spuren noch Zeugen. Die Entscheidung hängt dann allein davon ab, ob das Gericht die Aussage der mutmaßlich geschädigten Person für glaubhaft hält.
Die Rechtsprechung verlangt in solchen Fällen eine „besonders sorgfältige Beweiswürdigung“ (vgl. BGH, Beschluss vom 30.08.2011 – 3 StR 186/11). Das Gericht muss sich durch eine Reihe von Kriterien davon überzeugen, dass die Aussage nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich zutreffend ist. Dazu gehören etwa:
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Detailreichtum und Konsistenz der Aussage,
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Fehlen von Belastungsmotiven,
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psychologische Plausibilität,
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und freie Entwicklung des Aussageinhalts.
Rechtsanwalt Andreas Junge arbeitet in solchen Verfahren regelmäßig mit forensischen Gutachtern zusammen, um fehlerhafte Befragungen aufzudecken, suggestive Fragetechniken zu entlarven und alternative Deutungen zu entwickeln. In zahlreichen Verfahren konnte so erreicht werden, dass die Aussage des angeblichen Opfers als nicht ausreichend eingestuft und das Verfahren eingestellt oder mit Freispruch beendet wurde.
Disziplinarrechtliche Folgen für Lehrer
Unabhängig vom Ausgang des Strafverfahrens drohen Beamten disziplinarrechtliche Konsequenzen. Schon die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens kann zur Suspendierung und zur Kürzung der Bezüge führen. Kommt es zu einer Verurteilung mit einer Geldstrafe über 90 Tagessätze oder einer Freiheitsstrafe über drei Monate, ist regelmäßig die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis vorgesehen (§ 24 BeamtStG).
Das Bundesverwaltungsgericht ist in seiner Linie klar:
„Sexuelle Übergriffe gegenüber Schülern zerstören das für das Lehreramt unabdingbare Vertrauensverhältnis – auch bei nur geringfügigen Verstößen oder bei fehlender Strafverfolgung.“
(BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 – 2 C 4.11)
Deshalb ist es entscheidend, bereits im Ermittlungsverfahren mit Blick auf das Disziplinarrecht zu agieren – etwa durch Akteneinsicht, Verfahrensrügen oder die Beantragung von Gutachten zur Schuldfähigkeit oder Glaubwürdigkeit.
Fazit: Schnelles und professionelles Handeln schützt vor dauerhaften Schäden
Ein Ermittlungsverfahren wegen § 174 StGB ist für Lehrkräfte mehr als ein Strafverfahren – es ist ein Angriff auf die berufliche Identität, die persönliche Integrität und die soziale Stellung. Umso wichtiger ist es, mit kühlem Kopf, rechtlichem Sachverstand und psychologischem Feingefühl zu reagieren.
Rechtsanwalt Andreas Junge bringt all das mit: Jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit sensiblen Vorwürfen, tiefe Kenntnis der juristischen und menschlichen Dynamiken solcher Verfahren und eine konsequent diskrete, fachlich fundierte Verteidigung.
Wer früh handelt, schützt sich – und wahrt die Chance, das Verfahren ohne dauerhafte Folgen zu überstehen.