Strafrechtliche und disziplinarrechtliche Folgen – und warum eine frühzeitige Verteidigung entscheidend ist
Ein Ermittlungsverfahren wegen Bestechlichkeit trifft Beamte besonders hart. Anders als bei anderen Beschuldigten steht nicht nur eine mögliche strafrechtliche Verurteilung im Raum, sondern auch die unmittelbare dienstrechtliche Existenz. Bereits der Verdacht, sich im Dienst bestechlich verhalten zu haben, führt regelmäßig zur Suspendierung, zu disziplinarrechtlichen Vorermittlungen und häufig zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Die rechtliche Bewertung dieser Vorwürfe ist komplex, da die Grenze zwischen strafbarer Vorteilsannahme und noch erlaubtem dienstlichen Kontakt nicht immer leicht zu ziehen ist. In diesem Beitrag wird erklärt, wann ein Ermittlungsverfahren wegen Bestechung eingeleitet wird, welche rechtlichen Grundlagen gelten und welche gravierenden Folgen für betroffene Beamte drohen.
Strafrechtlicher Hintergrund: Bestechlichkeit nach § 332 StGB
Der Tatbestand der Bestechlichkeit (§ 332 StGB) setzt voraus, dass ein Amtsträger einen Vorteil als Gegenleistung für eine pflichtwidrige Diensthandlung fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Strafbar macht sich dabei nicht nur, wer sich direkt „bestechen lässt“, sondern auch, wer einen Vorteil annimmt – also etwa Geschenke, Zahlungen oder sonstige Vergünstigungen –, wenn dies im Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit steht und die Handlung pflichtwidrig ist.
Die Strafandrohung ist hoch: Bei einfacher Bestechlichkeit sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. In besonders schweren Fällen, etwa wenn der Täter sich fortlaufend bestechen lässt oder in einer leitenden Position handelt, droht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren (§ 335 StGB). Bereits die Annahme eines kleinen Vorteils kann den Anfangsverdacht begründen – wenn dieser in einem konkreten Bezug zu einer Amtshandlung steht.
Der Bundesgerichtshof hat hierzu betont:
„Ein Vorteil ist bereits dann gegeben, wenn der Amtsträger eine Leistung erhält, die seine wirtschaftliche, rechtliche oder persönliche Stellung verbessert – ohne dass er darauf einen rechtlich gesicherten Anspruch hat.“
(BGH, Urteil vom 23.06.2004 – 2 StR 505/03)
Abgrenzung zur Vorteilsannahme (§ 331 StGB)
Nicht jede Zuwendung an einen Beamten ist automatisch strafbar. Entscheidend ist, ob die Zuwendung in einem Zusammenhang mit einer konkreten Diensthandlung steht – und ob diese Diensthandlung pflichtwidrig war. Wenn ein Beamter einen Vorteil entgegennimmt, ohne dass ein pflichtwidriges Verhalten damit verbunden ist, kann lediglich der mildere Tatbestand der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) erfüllt sein.
Dennoch wird auch die Vorteilsannahme strafrechtlich verfolgt – mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. In der Praxis ist die Abgrenzung schwierig. Ein kleines Geschenk, ein gemeinsames Geschäftsessen oder eine Einladung zu einer Veranstaltung kann unter Umständen schon ein strafrechtlich relevanter Vorteil sein, wenn die Nähe zur dienstlichen Tätigkeit nicht auszuschließen ist.
Wie kommt es zu einem Ermittlungsverfahren?
Ermittlungsverfahren wegen Bestechung oder Vorteilsannahme werden häufig durch Hinweise aus dem Kollegium, durch anonyme Anzeigen oder durch Compliance-Prüfungen innerhalb von Behörden ausgelöst. Auch Steuerfahndungen, Kontrollmitteilungen oder private Kommunikationsdaten können Anstoß für ein Verfahren geben – etwa wenn auffällige Zahlungen, ungewöhnliche Vermögenszuwächse oder Kontakte zu Auftragnehmern der Behörde auffallen.
Bereits der Anfangsverdacht führt in der Regel zu einer Strafanzeige, der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und einer Durchsuchung – oft in Kombination mit dienstrechtlichen Sofortmaßnahmen wie der Suspendierung vom Dienst (§ 38 BeamtStG). Dabei kann es zum Zugriff auf private Kommunikationsmittel, Bankdaten und Arbeitsunterlagen kommen. In vielen Fällen wird gleichzeitig ein Disziplinarverfahren eröffnet.
Disziplinarrechtliche Konsequenzen
Für Beamte hat ein Verfahren wegen Bestechlichkeit nahezu immer auch disziplinarrechtliche Folgen – selbst dann, wenn das Strafverfahren eingestellt oder mit geringer Strafe abgeschlossen wird. Denn bereits ein „Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue und zur Wahrung der Gesetze“ (§ 33 BeamtStG) reicht aus, um Disziplinarmaßnahmen zu rechtfertigen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt:
„Wer als Beamter im Zusammenhang mit seiner dienstlichen Tätigkeit unzulässige Vorteile annimmt, verletzt seine Dienstpflicht in besonders schwerwiegender Weise – unabhängig von der strafrechtlichen Bewertung.“
(BVerwG, Urteil vom 30.10.2014 – 2 C 3.13)
Im Disziplinarrecht reicht bereits eine Verurteilung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen oder mehr, um die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtlich zu ermöglichen. Auch bei geringeren Strafen kann die Entfernung ausgesprochen werden, wenn das Fehlverhalten das Vertrauen des Dienstherrn nachhaltig zerstört hat.
Verteidigungsmöglichkeiten und rechtliche Strategie
Ein zentraler Ansatz der Verteidigung besteht darin, die fehlende Pflichtwidrigkeit der angeblichen Diensthandlung darzulegen oder den Zusammenhang zwischen Vorteil und Diensthandlung zu widerlegen. In vielen Fällen lassen sich auch Zweifel an der Höhe des Vorteils, an dessen Freiwilligkeit oder an der subjektiven Vorstellung des Beamten begründen. Nicht selten ergeben sich Verteidigungsmöglichkeiten daraus, dass dienstrechtliche Regelungen unklar oder uneinheitlich waren – etwa bei der Annahme von Aufmerksamkeiten, Einladungen oder Kooperationsleistungen mit Dritten.
Ein frühes Vorgehen – noch im Ermittlungsverfahren – kann entscheidend sein. Durch eine gezielte Einlassung nach Akteneinsicht, die Stellungnahme gegenüber dem Dienstherrn oder die Einholung von arbeitsrechtlichen Einschätzungen lassen sich viele Verfahren entschärfen oder außergerichtlich beenden. Besonders wichtig ist in diesen Konstellationen die abgestimmte Verteidigung in Straf- und Disziplinarverfahren zugleich.
Fazit: Ein komplexer Tatvorwurf mit gravierenden Folgen
Ein Ermittlungsverfahren wegen Bestechung stellt für Beamte eine massive rechtliche Bedrohung dar. Neben einer strafrechtlichen Verurteilung droht fast immer ein Karrierebruch durch disziplinarrechtliche Maßnahmen bis hin zur Entfernung aus dem Dienst. Aufgrund der Vielschichtigkeit des Tatbestands – insbesondere der engen Verbindung zwischen Strafrecht und Beamtenrecht – ist eine spezialisierte Verteidigung unverzichtbar.
Die Erfahrung zeigt: Nicht jeder Kontakt zu einem Auftragnehmer, nicht jede Zuwendung oder Einladung ist bereits ein strafbarer Vorteil. Wer aber in einem solchen Verfahren betroffen ist, sollte nicht abwarten, sondern sofort rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen – bevor aus einem Anfangsverdacht ein berufliches und persönliches Desaster wird.
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