Strafrechtliche und dienstrechtliche Konsequenzen bei Besitz oder Einfuhr von Anabolika, Testosteron & Co.
Soldaten unterliegen nicht nur den strafrechtlichen Vorschriften wie jeder andere Bürger, sondern zusätzlich auch besonderen Pflichten aus dem Soldatengesetz und der Wehrdisziplinarordnung. Wenn ein Soldat wegen Verstoßes gegen das Antidopinggesetz (AntiDopG) ins Visier der Ermittlungsbehörden gerät – etwa wegen des Besitzes, Erwerbs oder Imports verbotener Substanzen wie Testosteron, Nandrolon oder Wachstumshormonen –, droht nicht nur eine strafrechtliche Verurteilung, sondern auch ein disziplinarrechtliches Verfahren. Beide Ebenen können gravierende Folgen für die Karriere und das Dienstverhältnis haben.
Das Antidopinggesetz – was ist strafbar?
Das deutsche Antidopinggesetz ist seit 2015 in Kraft und richtet sich nicht nur gegen organisierte Dopingstrukturen im Spitzensport, sondern ausdrücklich auch gegen den privaten und nicht-professionellen Gebrauch leistungssteigernder Substanzen.
§ 2 AntiDopG stellt unter Strafe, wenn jemand verbotene Wirkstoffe in nicht geringer Menge besitzt, einführt, verkauft oder zum Doping im Sport verwendet. Dabei genügt bereits der Besitz sogenannter „nicht geringer Mengen“, wie sie im Anhang der Dopingmittel-Mengen-Verordnung (DmMV) definiert sind. Die Strafandrohung reicht bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe – bei gewerbsmäßigem oder bandenmäßigem Handeln sind bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe möglich (§ 4 AntiDopG).
Schon die Bestellung von Anabolika oder Testosteronpräparaten im Ausland, etwa über einschlägige Internetportale, kann zu einem Ermittlungsverfahren führen – insbesondere dann, wenn die Zollbehörden die Sendung abfangen oder kontrollieren. Auch der Besitz „nur“ zum Eigengebrauch ist strafbar, wenn die verbotene Substanz in nicht geringer Menge vorliegt. Die häufig geäußerte Annahme, dass ein Eigenbedarf straffrei sei, ist also unzutreffend.
Besonderheiten bei Soldaten – Warum der Dienstherr besonders streng prüft
Soldaten stehen in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Treueverhältnis zum Staat. Der Besitz oder Konsum von Dopingmitteln widerspricht den Pflichten zur „Wahrung der Rechtsordnung“ (§ 17 Abs. 2 SG) und zur „Gesunderhaltung“ (§ 17a SG). Auch außerhalb des Dienstes müssen Soldaten jederzeit ein Verhalten zeigen, das Achtung und Vertrauen verdient.
Der Konsum leistungssteigernder Substanzen wird von Disziplinarvorgesetzten daher nicht als privates Fehlverhalten, sondern als schwerwiegende Pflichtverletzung angesehen – zumal in der Bundeswehr körperliche Leistungsfähigkeit und Integrität zentrale Anforderungen sind. Auch die Wehrdisziplinaranwälte stufen Verstöße gegen das AntiDopG regelmäßig als „dienstliches Fehlverhalten mit hohem Gewicht“ ein.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mehrfach betont:
„Soldaten, die gegen das Betäubungsmittel- oder Dopingrecht verstoßen, beschädigen durch ihr Verhalten das Ansehen der Bundeswehr und verletzen ihre Pflicht zur Achtung der Rechtsordnung – unabhängig davon, ob sie in Uniform oder zivil handeln.“
(BVerwG, Urteil vom 27.04.2021 – 2 WD 4.20)
Ablauf und Risiken des Ermittlungsverfahrens
Ein Ermittlungsverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Antidopinggesetz beginnt häufig mit einem Fund beim Zoll (etwa bei einer Internetbestellung aus der Türkei, Thailand oder Osteuropa), einer Hausdurchsuchung oder einer anonymen Anzeige. Die Staatsanwaltschaft prüft dann, ob ein Verstoß gegen § 2 AntiDopG vorliegt.
Im Rahmen der Durchsuchung werden Mobiltelefone, Rechner und Medikamente gesichert. Der Besitz einer nicht geringen Menge reicht bereits aus, um den Anfangsverdacht zu begründen. Besonders belastend ist, dass die Ermittlungen oft auch zu Meldungen an den Truppenarzt und das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr führen – mit der Folge, dass parallel ein disziplinarrechtliches Verfahren eingeleitet wird.
Schon während des laufenden Ermittlungsverfahrens kann es zur vorläufigen Suspendierung, zur Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens oder – im Falle einer Verurteilung – zur Entlassung aus dem Dienst kommen.
Verteidigung und Einzelfallabwägung
Nicht jeder Besitz verbotener Substanzen ist gleichzusetzen mit einem schweren Verstoß. Viele Soldaten werden durch „Fitness“-Produkte oder Bodybuilding-Szene-Produkte zu Bestellungen verleitet, ohne das Ausmaß der Strafbarkeit zu erkennen. In anderen Fällen stammen Substanzen aus ärztlichen Behandlungen, Reha-Maßnahmen oder nicht korrekt dokumentierten Nahrungsergänzungsmitteln.
Die Verteidigung muss deshalb genau prüfen:
-
War die Substanz tatsächlich in nicht geringer Menge vorhanden?
-
War die Wirkung pharmakologisch relevant?
-
War dem Beschuldigten die Illegalität bewusst?
-
Gab es einen medizinischen Grund oder eine rechtfertigende Indikation?
In vielen Fällen gelingt es, die Strafbarkeit durch genaue Prüfung der sichergestellten Mittel und ihrer Zusammensetzung zu entkräften oder das Verfahren gegen Auflagen (§ 153a StPO) einzustellen. Auch eine getrennte Beurteilung durch den Dienstherrn kann erreicht werden – etwa durch freiwillige medizinische Tests, Reue, Einsicht und Vorlage eines positiven sozialen Gesamtbilds.
Fazit: Frühes Handeln verhindert dauerhafte Karriereschäden
Der Vorwurf des Verstoßes gegen das Antidopinggesetz ist kein Bagatelldelikt – insbesondere nicht für Soldaten. Das Strafverfahren, die disziplinarischen Maßnahmen und die Rufschädigung wirken oft über Jahre hinaus. Wer frühzeitig anwaltliche Unterstützung sucht, kann die Weichen stellen für eine sachgerechte und faire Bewertung des Einzelfalls – im Strafrecht wie im Dienstrecht.
Je früher eine spezialisierte Verteidigung einsetzt, desto eher lässt sich vermeiden, dass aus einem Ermittlungsverfahren ein unkontrollierbarer Karriereschaden wird. Denn auch beim Verstoß gegen das AntiDopG gilt: Nicht jeder Fall ist gleich – und nicht jede Bestellung muss das Ende der Laufbahn bedeuten.